Die Geschichte der Spekulationsblasen ist um eine Episode reicher. Es gibt Anlageklassen und Wertpapiere, die haben nach dem Platzen ein zweites und sogar ein drittes Leben. Das hat die Bitcoin vorgemacht. Nachdem die Kryptowährung nach dem Hoch Ende 2017 bei fast 20.000 Dollar um 84 Prozent abgestürzt war, ging es 2019 wieder kräftig nach oben. Dann platzte die nächste Blase, und es wurde ein Wert von rund 50 Prozent zerstört. Und nun feiert die Bitcoin ihr drittes Leben.

In diesem Jahr hat die Digitalwährung ein Drittel an Wert gewonnen. Anleger setzen darauf, dass es noch weiter nach oben geht. Die Hoffnungen ruhen auf dem Mai. Dann halbiert sich die Belohnung, die die sogenannten Bitcoin-Miner für die Schaffung neuer Kryptowährung bekommen.

Diese „Rewards“ entschädigen die Miner für Rechnerkapazitäten und Stromkosten. „Halving“ heißt das Großereignis, das erst zum dritten Mal in der Lebenszeit der Bitcoins stattfindet. Ungefähr alle 210.000 Bitcoin-Blocks steht so eine Halbierung an. Ab Mai bekommt ein Miner 6,25 statt 12,5 Bitcoins pro Block.

Analysten begründen einen damit verbundenen Kursanstieg damit, dass die Miner weniger Bitcoins auf den Markt werfen können und sich die Kryptowährung dadurch verknappt. Andererseits steige die Aufmerksamkeit für die Kryptowährung noch einmal, den Anlegern werde aber gleichzeitig bewusst, wie knapp die Bitcoins sind.

Quelle: Infografik WELT

Im Umfeld der vergangenen beiden Halbierungstermine 2012 und 2016 – von zuerst 50 auf 25 Bitcoins und dann auf 12,5 pro neuem Block scheint das so funktioniert zu haben. Und so hoffen die Krypto-Jünger auch jetzt auf eine Wiederholung der Geschichte.

Sichtbar wird das auch bei Deutschlands Krypto-Anbietern, die einen regelrechten Ansturm verzeichnen. Der Banking-Anbieter Bitwala hat zuletzt 50.000 Kunden gewonnen. Das Kundenwachstum ist insbesondere im Dezember und Januar in die Höhe geschossen, sodass der Anbieter inzwischen Wartelisten einführen muss, weil er mit der Authentifizierung nicht hinterherkommt.

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Währungen

Bitwala bietet einen Bankkonto-Service mit integrierter Blockchain Wallet – Kunden können auf ihrem Girokonto ihr Geld zwischen Bitcoin und Euro hin- und hertauschen. Bei Konkurrenten wie Bison oder bei Kryptobörsen wie Coinbase, Bitcoin.de oder Bitstamp müssen die Anleger erst Geld vom Girokonto auf ein Referenzkonto überweisen.

Bitwala hingegen funktioniert wie eine Art Fremdwährungskonto, das auf Bitcoin läuft. Das Unternehmen vereint ein reguläres Bankkonto, die Krypto-Wallet und den Handel nahtlos miteinander. Bitwala erhebt pro Transaktion eine Gebühr von einem Prozent. Das gilt in der Szene als günstig. Bis zum Jahresende plant das Unternehmen mit einer Verdoppelung der Kundenzahlen auf dann 100.000.

Diese Marke hat Konkurrent Bison schon fast erreicht. Innerhalb von 13 Monaten hat die App der Börse Stuttgart 90.000 Kunden gewonnen. Im Januar hat sich das Tempo noch mal deutlich beschleunigt. Bison ist eine Trading-App, mit deren Hilfe die Sparer Kryptowährungen kaufen und verkaufen können. Anders als Bitwala müssen sie aber zunächst Geld auf ihr Bison-Konto überweisen und können nicht gleich vom Girokonto loshandeln. Die Bitwala-Kundschaft ist vor allem männlich.

Kursanstieg schon im Vorfeld des Halving

Der Kursanstieg des Bitcoin im Vorfeld des Halving sorgt bei allen Anbietern für eine steigende Kundennachfrage. Trotzdem bleiben Kryptowährungen hoch umstritten. Investorenlegende Warren Buffett hat jetzt noch mal eindrücklich vor Bitcoin gewarnt. Kryptowährungen hätten keinen Wert. Man könne die digitalen Münzen lediglich an einen anderen Handelspartner verkaufen und sonst nichts.

Andere Experten hingegen halten Bitcoin durchaus für sinnvoll, um sich gegen Unbilden abzusichern. Zu ihnen zählt Christoper Wood, Stratege bei Jefferies. „Es könnte durchaus sinnvoll sein, vor dem nächsten Halving-Event Bitcoin zu kaufen.“ Inzwischen gäbe es zahlreiche Vehikel auch für Profi-Investoren, um in Kryptowährungen zu investieren. Attraktiv an Bitcoin sei, dass die maximale Menge der Bitcoin auf 21 Millionen beschränkt sei.

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Bitcoin logo on circuit board, illustration. Getty ImagesGetty Images
Kryptowährung

Wood hält die zugrunde liegende Blockchain-Technologie für zukunftsfähig und rechnet damit, dass vor allem die Generation der Millennials auf Bitcoin setzen könnte. Um sich in der Fläche durchzusetzen, müssten jedoch die Bitcoin-Transaktionen beschleunigt werden, so Wood. Während der Kreditkartenanbieter Visa 24.000 Transaktionen pro Sekunde abwickeln kann, sind es bei Bitcoin lediglich 2000. Doch der technische Fortschritt sollte das möglich machen.

Ob die Kryptowährung gerade dabei ist, eine neue Spekulationsblase zu bilden, ist unter Experten umstritten. „Eine Blase lässt sich immer erst im Nachhinein als solche erkennen, nämlich wenn sie geplatzt“, sagt John Normand, Stratege bei JPMorgan. Manchmal handele es sich bei einem rasanten Preisanstieg um einen strukturellen Trendbruch, manchmal um eine Spekulationsblase.

Beispielsweise würden Anleihen schon seit Jahren von vielen als große Spekulationsblase bezeichnet. Bislang seien die Zinsen aber immer weiter gefallen. Und so könnte die Bitcoin-Geschichte noch weitere Episoden bekommen.

Eine Bitcoin Mega-Order beunruhigt den Markt

Anfang September hatte ein unbekannter Akteur auf einen Schlag Bitcoins im Wert von rund einer Milliarde Dollar gekauft. Das war ein neuer Rekord und brachte sofort Unruhe in den Markt.

Quelle: WELT